Der Bürokratiewahnsinn in unserem Land nimmt immer mehr zu:
In der letzten Woche bekam ich per E-Mail Ausschreibungen einer Kommune.
Es geht um einen Wasserschaden in einem Kindergarten, der beseitigt werden muss.
In dieser Email befinden sich folgende Dokumente für den Bereich Malerarbeiten:
1. Eine GAEB Datei zum Einlesen in unsere EDV
2. Ein pdf mit der „Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes“ (3 Seiten)
3. Der „Angebotskennzettel bei elektronischen Vergabeunterlagen“ (1 Seite)
4. Die „Teilnahmebedingungen“ (3 Seiten)
5. Die „Besonderen Vertragsbedingungen“ (3 Seiten)
6. Die „Zusätzlichen Vertragsbedingungen“ (1 Seite)
7. Die „Eigenerklärung zur Eignung“ (3 Seiten)
8. Das „Angebotsschreiben“ (2 Seiten)
9. Das „Leistungsverzeichnis“ als pdf (8 Seiten)
10. Eine Anlage mit Plänen und Fotos (3 Seiten)
Wow-Riesenauftrag, sollte man meinen, aber weit gefehlt:
Es geht im Bereich Malerarbeiten um den Austausch von 14 m² Rauhfasertapete und den Anstrich eines Raumes mit 46 m² Wandflläche.
Ein geschätzter Gesamtauftragswert von ca. 350 €/netto!
Es werden zwar noch Stundenlöhne abgefragt, es ist aber aus der Ausschreibung nicht zu erkennen, dass diese notwendig sind und diese dürfen auch nur auf ausdrückliche Aufforderung des Auftraggebers ausgeführt werden.
Wenn ich jetzt mal ambitioniert mit 5% Reingewinn rechne, erlöst dieser Auftrag 17,50 € , wenn alles glattgeht.
Dafür lese und beachte ich 27 DIN A4 Seiten und fülle diese aus!!!
Und diese „Riesenausschreibung“ ist dann auch noch von einem externen Ingenieurbüro erstellt worden,
also noch mehr Kosten produziert, als notwendig….!
Und die Ausschreibungen im gleichen oder größeren Umfang erreichten uns auch für die Bereiche „Bodenbeläge“ und „Wärmedämmung“
bei demselben Wasserschaden in demselben Kindergarten!
(Das heißt -grob gerechnet- für vielleicht 2.500 € Umsatz über 80 Seiten lesen und ausfüllen!)
Wundert sich da noch jemand über die Lähmung in unserem Land?
Über die wahnwitzigen Verzögerungen bei öffentlichen Bauvorhaben?
…und wenn doch alles im Vorfeld mit diesem Riesenaufwand „geregelt“ und tot-verwaltet wird, wie kann es dann sein, dass es zu den unvorstellbaren Verzögerungen und Kostensteigerungen bei den bekannten öffentlichen Bauvorhaben kommt? (Elbphilharmonie, Stuttgart 21, Berliner Flughafen)
Gelten ab 100 Millionen € Auftragsvolumen laschere Regelungen?
Wir machen diesen Wahnsinn nicht mit und ich habe freundlich per E-Mail abgeschrieben:
(auf diese E-Mail habe ich dann 4(!) Lesebestätigungen erhalten – also 4 Menschen im Bauamt beschäftigen sich mit einer einzigen E-Mail….Respekt!)
Da wundert man sich doch nicht, dass die Kommunen keine Handwerker mehr finden, wie jüngst „Report“ berichtete.
Vielleicht kann die Vergabestelle dieser Stadt auch nichts dafür und hat ihre Vorschriften einzuhalten – aber dann müssen die Regelungen in Bund und Land deutlich vereinfacht und ausgemistet werden, um ein zielorientiertes und kostenbewußtes Arbeiten wieder möglich zu machen!